Die nächste Etappe zur Herstellung der Durchgängigkeit am Inn ist erreicht: Nach dem erfolgreichen Probebetrieb hat VERBUND am 23.9.2024 die neue Fischwanderhilfe für das zweistaatliche Innkraftwerk Braunau-Simbach eröffnet. Das neue naturnahe Umgehungsgewässer geht über 3,1 km.
Nach knapp einem Jahr Bauzeit ermöglicht die neue Fischwanderhilfe allen Fischarten des Inn, am Kraftwerk Braunau-Simbach vorbeizuschwimmen oder dort für eine Zeit lang zu verweilen. Mit dem neuen Umgehungsgewässer können sie jetzt erstmals nach der Kraftwerkserrichtung auch wieder die Zubringer oder Auegewässer frei erreichen. Das Umgehungsgewässer bietet auch neue Lebensräume: Holz, Steine und vor allem Kies bilden im Wasser und an den Ufern typische Flussstrukturen. Es entstehen Habitate für Fische, Vögel, Insekten und Amphibien.
Am Inn flussab des Kraftwerks entstand zusätzlich zur Fischwanderhilfe ein natürliches Flussufer.
Die Fischwanderung und Lebensraumentwicklung werden durch ein umfangreiches Monitoring wissenschaftlich laufend dokumentiert.
„Die Schaffung von neuen Lebensräumen im Umfeld unserer Kraftwerke ist wesentlich, um unsere Gewässer ökologisch zu verbessern. Durch das jetzt fertig gestellte Umgehungsgewässer hier in Braunau-Simbach haben wir einen weiteren Meilenstein am Inn geschafft. In den kommenden Jahren werden wir mit umfassenden Ökomaßnahmen auch die letzten Hürden entlang unserer Wasserkraftwerke an Inn und Donau beseitigen. Ab 2027 werden dann die Flusstrecken vom Eisernen Tor in Rumänien bis nach Tirol für alle wanderwilligen Fischarten barrierefrei“ Michael Amerer, Geschäftsführer VERBUND-Wasserkraft.
Der naturnahe Umgehungsfluss hat eine Breite von 5 bis 8 Metern und ist wie ein natürlicher Fluss mit jahreszeitlich unterschiedlichen Wasserführungen konzipiert.
Die Abflüsse variieren zwischen 2 und 8 m³/s und stellen den natürlichen Abfluss eines großen Nebenflusses des Inns dar. Die hohe hydrologische Dynamik führt zu einer ständigen Umgestaltung der Flusssohle und der Ufer, wodurch lockere Kieshabitate für laichende Fische und kiesbrütende Vögel entstehen. Der gesamte Bodenaushub wurde innerhalb der Baustelle zur Schaffung neuer Lebensräume verwendet.
Kurt Vallée, stellvertretender Landrat Landkreis Rottal-Inn:
„Dank guter Zusammenarbeit aller Beteiligten auf beiden Seiten des Inns wurde sichergestellt, dass durch die Umgestaltung der Flusssohle und der Ufer die Bedingungen für laichende Fische und Vögel, die auf dem Kies brüten, geradezu ideal sind. Mit dieser neuen Fischwanderhilfe wurde ein Meilenstein gesetzt – hier wurde über Artenvielfalt nicht nur geredet, sondern es wurden intelligente Planungen zügig umgesetzt, dafür meinen Dank und meine Anerkennung.“
EU LIFE Projekt “Riverscape Lower Inn”
Das bedeutende Naturschutzprojekt ist Teil des EU-LIFE Projekts „Riverscape Lower Inn“, das die naturnahe Entwicklung der Flusslandschaft am Unteren Inn weiter fördert. Es dient der Erreichung wesentlicher Ziele der Fauna-Flora-Habitat- (FFH-) und Vogelschutzrichtlinie im Rahmen des europäischen Natura-2000-Netzwerks und der EU-Wasserrahmenrichtlinie. In den kommenden Jahren wird VERBUND weitere Maßnahmen zur ökologischen Entwicklung der Flusslandschaft am Unteren Inn umsetzen. Zum Life-Projekt gehören zusätzlich zur Fischwanderhilfe Braunau-Simbach ein naturnahes Umgehungsgewässer am Innkraftwerk Egglfing-Obernberg und die Herstellung von Gewässerlebensräumen in den Kraftwerksbereichen Egglfing-Obernberg und Schärding-Neuhaus. Auf 40 Kilometern Länge werden zudem die Dämme von insgesamt vier Innkraftwerken durch gezielte Pflegemaßnahmen als Lebensraum für geschützte Pflanzen- und Tierarten optimiert und langfristig erhalten.
Funktionstauglichkeit durch andere Projekte bewiesen:
Dass moderne Umgehungsgewässer von den Fischen angenommen werden, zeigt nachweislich das vergleichbare Projekt „Durchgängigkeit und Lebensraum“ am Innkraftwerk Ering-Frauenstein. Bereits im ersten Jahr nach der Inbetriebnahme im Jahr 2019 sind in Summe rund 40.000 Fische am Kraftwerk vorbei gewandert. Sie gehörten 36 verschiedenen Fischarten an. Der größte Fisch war ein Wels mit 1,2 m Körperlänge. Eines der Highlights war der Nachweis von einigen Exemplaren des vom Aussterben bedrohten Steingresslings.
VERBUND investiert 400 Mio. Euro für Renaturierung, Artenschutz und Fischwanderung
„Für die Renaturierung der heimischen Gewässer im Umfeld all unserer Wasserkraftwerke nehmen wir bei VERBUND bis 2027 über 400 Millionen Euro in die Hand. Rund die Hälfte haben wir bereits investiert und die Erfolge dieser Maßnahmen können durch umfangreiche Monitoring-Programme praktisch ab dem ersten Tag nachgewiesen werden. Bis heute sind so 75 % der Kraftwerke wieder barrierefrei passierbar und 30% der Anlagenflächen wurden nach dem Bau der Kraftwerke im Laufe der Zeit unter Naturschutz gestellt. Weitere 100 Millionen Euro sind für die noch verbleibenden Kraftwerke bereits bewilligt oder beauftragt,“ gibt VERBUND Wasserkraftgeschäftsführer Karl Heinz Gruber einen Überblick über das enorme Investitionsvolumen in die Ökologie
Zu den EU Life Programmen der Forschungsförderungsgesellschaft